Der KONIKOS Verlag hat in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Übungsheften für Oboe, Saxophon und Fagott publiziert. Weitere Hefte sind in Arbeit und werden in den nächsten Monaten/Jahren folgen.
Warum neue Übungshefte?
Man kann nicht alles neu erfinden, doch man kann manches verbessern und optimieren.
Viele Übungen für Bläser gibt es schon seit vielen Jahren und gehen nicht zuletzt auf berühmte Musiker/Komponisten
wie J.J. Quantz, W.A. Mozart und L. Mozart zurück. Das heißt, vieles ist nicht neu. Doch Arbeitsgewohnheiten und Herangehensweisen ändern sich und passen sich an, neue Lehrmethoden werden
entwickelt. Doch was bleibt, sind die "handwerklichen Voraussetzungen" und somit die technischen Grundlagen, die unsere Musikalität und dem Wunsch, sich musikalisch auszudrücken, erst
ermöglichen.
Für jeden Musiker, egal ob Profi, Student oder Laienmusiker stellt sich irgendwann unweigerlich die Frage „Wie/Was übe ich am besten“? Diese Frage ist, so einfach sie auch zu sein scheint, nur schwer zu beantworten; lernt doch jeder Mensch nach anderen Mustern und Prinzipien: was für den einen funktioniert, scheint noch lange nicht auf einen anderen Menschen übertragbar zu sein. Das bedeutet, dass jeder Mensch, die für sich geeignete Methodik (aus griechisch methodikḗ (téchnē) = Kunst des planmäßigen Vorgehens) und Didaktik (von altgriechisch διδάσκειν didáskein‚lehren = „Kunst“ und die „Wissenschaft“ des Lehrens und Lernens) finden muss.
Lernmethoden und Didaktik sollten auf den Erkenntnissen der Lernpsychologie bzw. der Pädagogischen Psychologie aufbauen, um möglichst erfolgreich zu sein.(1) Dies bedeutet, dass effektives Lernen eines längerfristigen systematischen Aufbaus bedarf. Hierzu müssen präzise Lernziele gesetzt und angestrebt sowie die Lernergebnisse durch korrespondierende Lernkontrollen überprüft werden.(2&3)
Allein diese kurze Einleitung beschreibt anschaulich die Komplexität des Lernens oder Übens im lernpsychologischen Sinn und behandelt dabei nur einen Bruchteil der
Thematik.
In den Übungsheften habe ich versucht, mich mit den Inhalten des Übens im Bereich der Technik in Form von Tonleiterstudien auseinander zu setzten. Ziel ist der oben bereits erwähnte systematische
Aufbau einer soliden Technik. Rückblickend auf mein eigenes Studium muss ich leider feststellen, dass mein persönliches Vorgehen beim Üben deutlich effektiver und zielführender hätte sein können.
Drei zentrale Beweggründe haben mich letztendlich dazu veranlasst die Übungshefte zu schreiben:
1. Wie kann ich mich persönlich als Orchestermusiker möglichst effektiv fit halten?
2. Was sollte ein Student innerhalb des Studiums in technischer Hinsicht mindestens alles können?
3. Wie kann ich mich als Laie technisch besser auf einzelne Stücke vorbereiten (z.B. indem ich mich intensiv mit einer bestimmten Tonart auseinandersetze)?
Natürlich kann man die Welt nicht neu erfinden, ganz im Gegenteil – viele in dem Übungsheft verwendete Übungen gibt es schon seit hunderten von Jahren, doch habe ich versucht dieses Heft so zu schreiben, dass es uns Musikern/-innen in der Sache dient. Das bedeutet im Detail:
1. der Tonumfang ist genau abgestimmt
bei der Oboe: (meistens bis zum f‘‘‘ – wobei man einzelne Takte auch leicht ausklammern kann, wenn die Lage noch zu hoch ist / ambintionierten OboistInnen steht es natürlich
frei, die Übungen bis zum a''' zu erweitern)
beim Fagott: der Tonumfang ist der Vollständigkeit halber sehr umfangreich, doch ist es jedem/r selbst überlassen (und dies ist auch vermerkt) ihn für die eigenen Berdürfnisse
einfach zu reduzieren.
2. es gibt genügend Platz für private Einzeichnungen
3. Metronom-Angaben und Griffe sind nicht vorgegeben, sondern für jeden frei wählbar und zum Eintragen
4. Erklären von einigen Übe-Methoden, auch zum mentalen Üben und zum Üben ohne Instrument
5. Optisch ansprechendes und sehr haltbares Heft (Fadenbindung & und zusätzlich
cellophanierter Einband)
Dies klingt recht simpel, doch ist in Zeiten wirtschaftlicher Zwänge, unter denen viele Verlage leiden, allein ein großzügiger Platz für private Eintragungen leider bei vielen Notenmaterialien heutzutage nicht mehr gegeben. Auch gibt es keine Tonleiterstudien (für Oboe/Fagott) in denen alle Übungen in allen Tonarten ausnotiert sind; dies mag zwar nicht jeder für nötig erachten, doch Rückmeldungen verschiedener Hochschul-Professoren/-innen und Musikschullehrer/-innen haben ergeben, dass es vielen Schülern und Studenten deutlich leichter fällt, eine Übung z.B. mit Quartintervallen in D-Dur zu üben, wenn diese als Notenbild vorliegt. Es genügt nicht, wie so oft vorgegeben, nur die jeweiligen Anfänge einer Übung zu drucken, um auf eine auswendig zu spielende Weiterführung der Übung zu verweisen. Diese verlaufen sich nach kurzer Zeit wieder und der Fortschritt ist marginal.
Inhaltlich gliedern sich die Tonleiterstudien wie folgt:
1. Tonleiter, Grundschema, Variationsmöglichkeiten, Quintumfang, Tonleiter mit Wechselnote
2. Terzen, repetiert, fließend, mit Wechselnote
3. Quarten, repetiert, fließend, mit Wechselnote
4. Staccato
5. Dreiklänge, Dreiklang – Variationen
OBOE:
In der Moll Edition schließt sich noch ein Bereich mit melodischen Molltonleiter Übungen an; die anderen Übungen sind in harmonisch Moll notiert.
Die Dur Edition wird abgerundet durch:
diverse Einspielübungen
Übungen
für Ansatz und Luftführung
eine Intonationsübung von Ralf–Jörn Köster
eine Klang- und Legato-Übung von Albrecht Mayer.
Die Moll
Edition beinhaltet weitere Übungen für:
eine kontrollierte und saubere Ansprache (u.a. von Andrea Glaser)
Staccato Übungen von
Maurice Bourgue
Dreiklangsübungen von Emanuel Abbühl.
Abgerundet wird dieses Heft durch einen Essay über das Vibrato von Matthias Bäcker.
Bislang ist mir kein
anderes Übungsheft für Oboisten/Fagottisten bekannt, welches so umfangreich, systematisch und „kundenfreundlich“ ist (= viel Platz für private Einzeichnungen und ansprechende Gestaltung) und das
mitunter die vielleicht etwas „lästigen“ aber absolut notwendigen Übungen zum Studium der Tonleitern beinhaltet.
Natürlich ließe sich der Umfang der beiden Hefte (88/96/112 Seiten) noch problemlos erweitern, doch denke ich, dass man mit dieser Ansammlung von Übungen (6 Seiten je Tonart bei Oboe / 8 Seiten je Tonart bei Fagott) eine wunderbare technische Grundlage hat, auf welcher man nach Belieben aufbauen kann. Auch ist die Anzahl von Übungen gut zu bewältigen, soll dieses Heft ein „ständiger Begleiter“ für viele Jahre sein.
Mittlerweile gibt es in der Dur Edition für Oboe eine dritte Auflage; alle Hefte sind bilingual: deutsch und englisch.
Die Junior Edition:
Seit Mai 2020 gibt es auch die Junior Edition. Sie beinhaltet einige bewährte Übungen aus der Dur und Moll Edition, ist aber für eine ganz andere - deutlich jüngere
- Zielgruppe konzipiert. Dies gilt vor allem für den allgemeinen Tonumfang (da nicht jedes (Schüler-/Kinder-) Instrument über ein tiefes h‘ oder b‘ verfügt, beschränkt sich der Tonumfang in der
Junor Edition weitestgehend auf den Bereich c‘ – c‘‘‘), aber auch für den Schwierigkeitsgrad der Übungen. Jede Tonart wird auf jeweils 3 Seiten behandelt; neben C-Dur gehen die Tonarten bis 3#
und 3b. Auch Molltonleitern finden sich gut und übersichtlich aufbereitet in diesem Heft. Dieses Heft verschafft den jungen OboistInnen einen guten ersten Überblick über die verschiedenen Dur und
Molltonarten und die unvermeidlichen technischen Grundlagen.
Für Österreich:
die Junior Edition beinhaltet sämtliche technischen Anforderungen für die Übertrittsprüfung im Musikschulwerk (Unterstufe in die Mittelstufe) "Land am Ton - Bronze", sowie für das
"Leistungsabzeichen in Bronze" (Blasmusikverband).
Nachtrag Nr.1
Aufgrund der sehr hohen Nachfrage hat sich das Übungsheft „Technische Grundlagen der
Oboe“ seit seinem Erscheinen im November 2015 bereits jetzt schon zum absoluten Standard Repertoire für Oboisten entwickelt...
Nachtrag Nr.2
Bei der Konzeption dieser Hefte habe ich ganz bewusst die beiden Tonarten mit 7
Vorzeichen nicht berücksichtigt, da ich das Verhältnis von Übeaufwand - Notwendigkeit als gering erachte. Das gilt gleichermaßen für den Tonumfang: natürlich ließe sich auch dieser
problemlos bis zum a''' erweitern, aber auch dies ist aufgrund der allgemeinen Oboenliteratur (eine Ausnahme stellt sicherlich die Neue Musik dar) meiner Meinung nach zweitrangig. Natürlich ist
es erwünscht, die Übungen für den eigenen Gebrauch zu adaptieren, und ggf. auch bis zum a''' zu erweitern.
Einzelnachweise:
1 . Hans Aebli: Grundlagen des Lehrens: eine Allgemeine Didaktik auf psychologischer Grundlage. Klett-Cotta, Stuttgart 1993/2003.
2 . A. M. Strathmann, K. J. Klauer: Lernverlaufsdiagnostik: Ein Ansatz zur längerfristigen Lernfortschrittsmessung. In: Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie. 42 (2010), S. 111–122.
3. Siegbert A. Warwitz: Lernziele und Lernkontrollen in der Verkehrserziehung. In: Ders.: Verkehrserziehung vom Kinde aus. Wahrnehmen-Spielen-Denken-Handeln. 6. Auflage. Schneider-Verlag, Baltmannsweiler 2009, S. 23 und 26–28 f.